Ebersberger Zeitung
Emmering – Was haben die Emmeringer gelacht an diesem Abend. Über die holzkopferten Aßlinger. Über die bierdurstigen Schalldorfer. Über Gichtbichl und über Kronau, das wegen des Sautrogrennens so gerne Hafenstadt wäre. Aber fast am meisten haben sie darüber gelacht, wie Martin Huber eine Weißwurst isst. Weil er den Senfbeutel nicht aufgebissen bekam. („In der Probe hat es noch hingehauen!“) Und weil sie ihm, als er auf der Bühne den Richter gegeben hat, eine gescheite Dosis Chili in die Wurst geimpft haben. Was offensichtlich in der Probe auch nicht der Fall – und mit ihm nicht abgesprochen war.
Das wird ein sauberer Zinnober!
Martin Huber als Emmeringer Scheidungsrichter
Wenn jeder ein bisserl leidet und sein Fett wegkriegt – die Nachbarn, die Einheimischen und die Schauspieler, dann ist das die Emmeringer Bettelhochzeit. Dass wir uns nicht falsch verstehen: Da geht es nicht um Schadenfreude. Die meiste Gaudi hat einfach, wer über sich selber lachen kann, am besten gemeinsam. Diese Kunst zelebrieren die Emmeringer. Es ist selten, dass sich bei einem Schenkelklopfer wirklich jemand auf die Schenkel klopft. Im berstend vollen Bruckhofer Wirtssaal war es am Montagabend gleich ein paarmal der Fall.
Unterm goldbekrönten Portrait von Bürgermeisterin/Königin Claudia I. tagte das Emmeringer Amtsgericht im Scheidungskrieg. „Das wird ein sauberer Zinnober“, ahnte Richter Huber. Das runde Dutzend Darsteller ließ sich nicht lumpen, um ihm mit Kehlen- und Körpereinsatz recht zu geben, allen voran das scheidende und am Ende geschiedene Emmeringer Bettelpaar: Die zur häuslichen Gewalt neigende Alexandria, 2014 wie heuer verkörpert von Bestatter Alexander Dullinger, watschte ihren kaum mehr angetrauten „Dofe“ schaufelpratzert von der Anklagebank – und heizte dem Richter gleich mit ein, indem sie/er Oberbein zeigte – und den dort befestigten Schweizer Taschengraber: „Der glangt für das Loch für dich!“
Der schaufelschlaglädierte, einmal beim „Lust und Rollenspiel“ über Nacht im Sarg vergessene, aber auch notorisch fremdgehende und beim Wirt verhockende Bräutigam wiederum setzte auf Bestechung mit kubanischen Kaminwurzn – auch das hinterließ beim Richter Eindruck. Einräumen musste er aber doch, dass er den Viehhandler zum Abholen seiner massigen Ehefrau angestiftet hatte.
Die fachliche und charakterliche Einordnung des Geschehens lieferte dabei immer wieder der gfotzert-schnoddrige Wachtmeister, der über die Hochzeit von 2014 sagte: „Das Normalste war der Misthaufen – aber der größte Dreck ist oben gelegen.“ Das Publikum amüsierte sich nicht nur über diese derben Weisheiten, sondern auch darüber, dass sich Michael Zweckstetter, der den „Wachtl“ verkörperte, bei den Zoten auf der Bühne immer wieder selber das Lachen nicht verkneifen konnte. Was auf den Saal hochgradig ansteckend wirkte – Bühne und Publikum ein Herz und eine Kehle, auch der Kalauer stand im Skript. Und traf nicht nur darauf zu, dass sich Gäste wie Schauspieler sichtlich das Bier schmecken ließen.
Am Ende stand das Fazit: „Selten so eine verwahrloste Gesellschaft gesehen!“, von Braut-Anwalt Richard Sedlmeier, zumal der „Standesbewampte Allrad“ von 2014, Pankraz Kaiser, zeternd forderte: „Eingsperrt gehören‘s alle zwei, diese Zeit- und Seelenräuber!“, schließlich habe er die 3908 Tage seit der Hochzeit in der Psychiatrie verbringen müssen. So weit kam es dann doch nicht, aber die Bettelehe wurde qua Mittellosigkeit und gegenseitiger Abgewöhnung geschieden – der Schlusspunkt des Stücks, das Bettel-Bräutigam Christoph Huber verfasst hatte.
Wobei, nicht ganz: Was noch ausstand, war die Überraschung des Abends, die Bekanntgabe des Bettelpaars 2025. Unter Johlen und Applaus trat dick geschminkt im blauen Dirndl und Zylinder Bruckhofs Wirt Martin Finsterwald (50) auf die Bühne. Wer auch sonst – hatte er doch kürzlich unfreiwillig sein Rampenlicht-Debüt bei „Verstehen Sie Spaß..?“ gegeben (wir berichteten). Als angehender Gatte der „Finsäna, Rotbrunzade, Dickbauchige Fleischhackerin vo da Bruckhofer Fieslwirtschaft“ fungiert Alois Zacherl (45), alias Alisee, funkentrazender und kabeziagada Oberhausl, ausm Schon vo da Emmeringer Rathausruine“. Der Saal feierte sein neues Bettelpaar und die anstehende Hochzeit mit gemeinsamem Gesang: „In Emmering duad wieder Bettlhochzeit sei“ – und so waren zum Schluss wieder alle Anwesenden ein Herz und eine Kehle.